Allgemein, Politik, Schule ohne Rassismus, Schulleben

Unsere Gedanken zu Chemnitz

Ein Beitrag des SOR-Teams 2018/19, verlesen am 13.09.2018 in der Fichtenberg-Oberschule.

Nach der Tötung eines Mannes am 25. August in Chemnitz durch zwei oder drei Geflüchtete wurde die Tat von Neonazis instrumentalisiert, um gewaltsam fremdenfeindliche Hetze zu verbreiten. Der genaue Tathergang ist keinesfalls geklärt. In kürzester Zeit versammelten sich tausende Nazis in der Stadt und jagten Menschen mit „Migrations-Vordergrund“. Obwohl es Augenzeug*innen, Opfer und Videobeweise gibt, bezweifelt Verfassungsschutzpräsident Maaßen die „Authentizität“ des Geschehens und der Videos davon. So sagt er wörtlich, es gäbe „keine Information über Hetzjagden“. Damit relativiert er die Straftaten und die verfassungswidrigen Handlungen der Nazis und fällt den Opfern dieser Ausschreitungen, wie z.B. dem Betreiber eines jüdischen Restaurants, der sich Parolen wie „Judensau, verschwinde aus Deutschland“ anhören musste, in den Rücken. Damit bringt Maaßen die Debatte um ein Staatsversagen auf ein neues Level.
Auch der sächsische Ministerpräsident Kretschmer behauptete, dass es „keinen Mob, keine Hetzjagd und keinen Pogrom“ gegeben habe.

Schockierend zu sehen: sogenannte „Wutbürger*innen“ oder Bürger*innen, die mit der (Flüchtlings)politik unzufrieden sind, schlossen sich den Nazis an und trotteten wie Mitläufer*innen hinter Menschen her, die Hitlergrüße zeigten und Parolen aus der NS-Zeit brüllten. Keine Unzufriedenheit dieser Welt legitimiert es, sich hinter Nazis zu stellen. Wer das tut, legitimiert ihre menschenverachtende Weltanschauung und unterstützt sie bei ihrem Vorhaben, die Demokratie abzuschaffen.

In den darauffolgenden Tagen marschierten rechte Gruppierungen unter dem Vorwand eines „Trauermarsches“ durch Chemnitz und heuchelten Beistand für eine Familie, die ihren jungen Vater verloren hat und die ihre Empörung über die Instrumentalisierung ihres Verlustes deutlich gemacht hat. An der Spitze liefen AfD-Mitglieder wie Bernd Björn Höcke, der das Holocaust-Mahnmal als „Mahnmal der Schande“ bezeichnete.

Als Reaktion auf die Ereignisse mobilisierten Künstler*innen ca. 65.000 Menschen zu einem Benefizkonzert in Chemnitz, bei dem unter dem Motto „wir sind mehr“ friedlich für Demokratie, Freiheit und gegen Hass und Hetze protestiert wurde. Die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch schrieb dazu auf Twitter: „Ihr seid nicht mehr. Ihr seid Merkels Untertanen, ihr seid abscheulich – und ihr tanzt auf Gräbern.“ Ein ähnliches Niveau hat die Aussage von Innenminister Seehofer, der die Migration als „Mutter aller Probleme“ schimpft. Seehofer sollte sich lieber fragen, ob die Mutter der Probleme nicht Armut und soziale Ungleichheit heißen. Der Vater heißt Rassismus.
Die Bundeskanzlerin verurteilte zwar die rechte Gewalt, hielt sich aber ansonsten zurück und will in den kommenden Wochen Chemnitz besuchen.

Wir fordern eine humane, menschenwürdige Migrationspolitik, auch um Rassismus, Antisemitismus und jeder anderen Form von Diskriminierung und Gewalt entschieden entgegenzutreten. Zudem erwarten wir eine selbstkritische Auseinandersetzung der Bundespolitik mit den politischen Ursachen des Rechtsrucks.
Nicht nur Menschen, die vor Kriegen fliehen mussten, sollten sich um Anschluss bemühen, vielleicht sollte es auch Integrationskurse für Nazis geben. Lernziel:

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ (GG Art. 3)

Kein Mensch ist illegal!