Allgemein, Geschichte

Der 9. November – Schicksalstag der Deutschen

Ein Beitrag von Greta Bintz (Q3).

Der 9. November.
Irgendein Feiertag? Ein wichtiger Geburtstag ? Irgendwas mit Kirche?
Schulfrei?

Enttäuschend, aber nein, der 9. November gilt als einer der wichtigsten Tage der deutschen Geschichte, auf welchen gleich eine ganze Reihe an bedeutsamen Ereignissen fällt. Viele gelten noch heute als politische Wendepunkte für Deutschland, welche sowohl national als auch international gravierende Folgen mit sich zogen. Die unterschiedlichsten Emotionen und Assoziationen werden mit diesem bestimmten Datum in Verbindung gebracht. Der Tag führte zu kontroversen Diskussionen.

Doch was genau passierte an diesem besonderen Tag?

Gehen wir chronologisch vor: Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann die deutsche Republik aus. Die Novemberrevolution schuf somit die Weimarer Republik, eine Republik, die vielen Deutschen neue Hoffnungen und Ziele bot.
Jedoch konnte diese Republik die Mehrheit nicht zufriedenstellen und ein Teil der Bevölkerung hing weiterhin der gestürzten Monarchie und deren Wertevorstellungen an. Diese Menschen forderten eine strenge, autoritäre Staatsführung, mit einem Mann an der Spitze, der ihre wirtschaftlichen und sozialen Probleme lösen sollte. Für Nationalisten und Konservative schien die Zeit reif für eine Diktatur. Somit bahnte sich Hitlers Weg an und lag als Schatten über der so scheinbar hoffnungsvollen Zeit des stattfindenden Wandels.

Ein weiteres Ereignis an dem besagten Tag fand 1923 statt, der gescheiterte Hitlerputsch in München. Am Morgen des 9. November startete der Marsch, mit zum Teil schwerbewaffneten Teilnehmern, angeführt von Hitler und Ludendorff. Hitler nutzte wohl bewusst den 5. Jahrestag der Ausrufung der Republik, um den Putsch stattfinden zu lassen. Auch heute gilt der Putsch noch als tragender Wendepunkt der deutschen Geschichte, da dieser, trotz seines Scheiterns, eine erste internationale Wahrnehmung Hitlers mit sich trug. Hitler, welcher, außer als Parteivorsitzender der NSDAP, kaum bekannt war, hätte eigentlich eine fünfjährige Haftstrafe für den Putsch verbüßen müssen. Allerdings kam er nach wenigen Monaten wieder frei.
Als er jedoch an die Macht kam, führte er 1939 den 9. November als Gedenk- und Feiertag in Deutschland ein. Der Tag sollte genutzt werden, um an die 16 Todesopfer des Putsches zu gedenken und diese als sogenannte „Blutzeugen der Bewegung“ und Helden der „völkischen Bewegung“ zu feiern.

15 Jahre nach 1923 befand sich Deutschland inmitten eines der düstersten Kapitel seiner Geschichte. In der Nacht des 9. November 1938, der Reichspogromnacht, wurden jüdische Geschäfte, Einrichtungen und Synagogen demoliert und in Brand gesetzt. Viele Hunderte von Juden wurden ermordet und offen verfolgt.
Die nationalsozialistische Propaganda stellte diese, Großteils von der SS und SA ausgeführten, Ausschreitungen als Mittel des „völkischen Zornes“ dar.
Diese Nacht gilt noch heute als Höhepunkt des nationalistischen Terrors, mitunter auch als Beginn des Holocaust und der Vernichtung der Juden.

Im Kontrast zu diesen schrecklichen Ereignissen, zählt der 9. November des Jahres 1989 zu einem der freudigsten und hoffnungsvollsten Daten der Geschichte Deutschlands. Die Berliner Mauer fiel, Deutschland war ein Jahr später wiedervereinigt.
Dieser Tag gilt für viele Menschen noch heute als der glücklichste Tag der Stadt Berlin und symbolisiert die „große, neue Freiheit“.

Also nein, der 9. November ist zwar kein offizieller Feiertag oder schulfreier Tag, jedoch ein Tag des Gedenkens trotzdem.
Ein Tag zum Erinnern, ein Tag des Bewusstseins.
Der Tag steht für den deutschen Weg in den Terror, der Trennung der Bevölkerung und letztendlich auch für die Hoffnung und Freiheit durch die Wiedervereinigung.

Obwohl wir heute, hundert Jahre nach Ausrufung der Weimarer Republik, in einer gesicherten Demokratie leben, wird eine rechtspopulistische Partei demokratisch in das Parlament gewählt. Eine Partei, die den Fremdenhass befeuert, Minderheiten ausgrenzt und über die Ängste der Menschen und deren Bedürfnis nach Sicherheit unsere moderne Gesellschaft immer weiter spaltet.
In dieser Betrachtung erscheint die aktuelle Debatte zur Einführung des 9. Novembers als etablierten Feiertag berechtigt und notwendig, da es hierbei nicht nur um das Feiern der Freiheit und Wiedervereinigung durch den Mauerfall geht, sondern auch um das Gedenken an die dunkle Vergangenheit der deutschen Geschichte.

Grund genug also einen Tag wie den 9. November als Gedenk- und Feiertag in Deutschland einzuführen.
Ein Tag, der viele Emotionen und Diskussionen auslöst, welchen wir uns (nicht nur) am Jahrestag stellen sollten.
Ein Tag, den wir nicht aus unserer Geschichte sowie aus unseren Köpfen streichen können und dürfen.
Und eine Erinnerung an die Vergangenheit, die für ein Bewusstsein gegenüber der Gegenwart und der Zukunft genutzt werden sollte.
Ein Tag wie kein anderer.