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Politisch korrektes Reisen – ist es legitim nach Indonesien zu fliegen?

Photo by CEphoto, Uwe Aranas; URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Denpasar_Bali_Indonesia_GARUDA-PK-GPH-01.jpg

Dieser Beitrag wird auf Wunsch des*der Autor*in anonym veröffentlicht.

Dass die Deutschen sehr gerne reisen und dafür viel bezahlen können und wollen ist schon seit einigen Jahren klar, doch es reisen nun auch immer mehr Menschen nach Indonesien. Mit dem Wachstum des Tourismus im meist bevölkerten Inselstaat der Welt wird die Frage laut, wie legitim es ist, dort hinzureisen. Um diese Frage beantworten zu können orientiert sich der nachfolgende Text an elf Kriterien: Umweltschutz, Demokratie-Ranking, Teilhabeindex, Menschenrechte, Homosexualität, Todesstrafe, Gleichstellung der Geschlechter, Korruption, Aufnahme von Geflüchteten, Größe der Armee und Waffenimporte. So kann jede*r für sich entscheiden, welche Kriterien erfüllt sein müssen (und es tatsächlich sind), um sagen zu können, dass eine Reise nach Indonesien politisch korrekt ist.

Die Reise dorthin beginnt meistens mit dem Flugzeug. Bei einem von mir ausgewählten Beispielflug mit zwei Zwischenstopps werden 7.042 kg CO2 ausgeschüttet. Im Vergleich dazu stehen die 2.300 kg, die jeder Mensch im Jahr höchstens ausschütten sollte, damit das CO2 wieder ausgeglichen wird. Um bei Atmosfair, einer Umweltschutzorganisation, die auf ihrer Internetseite genau dies ausrechnet und Möglichkeiten zum Ausgleich der CO2-Ausschüttung bereitstellt, die knapp 5.000 kg CO2-Überschuss ausgleichen zu können, kostet ein Flug 164 Euro mehr.
Doch wie sieht es mit dem Umweltschutz im Land selbst aus? Indonesien gehört zu einem der größten CO2-Verursacher der Welt. Indonesien beheimatet den drittgrößten tropischen Regenwald, neben der Bedeutung der Wälder für das Weltklima, leben auch eine Vielzahl vom Aussterben bedrohter Tiere dort. Die Wälder werden in großem Ausmaß gerodet, damit vor allem die sogenannten Industriestaaten das dann dort auf riesigen Plantagen gewonnene Palmöl abkaufen können. Dazu kommt noch der Zuwachs der Autofahrer*innen, die Abgase der Autos verschmutzen die Luft. Der Staat scheint machtlos zu sein. Gucken wir uns diesen also an.

Indonesien ist eine unvollständige Demokratie und steht im Demokratie-Ranking auf Platz 65. Besonders schlecht schneidet der südöstliche Staat bei der Teilhabe ab, er erreicht 4,44 von 10 Punkten. Amnesty International warnt auch vor schweren Menschenrechtsbrüchen, so schreibt die Organisation auf ihrer Website: “Indonesien kam seiner Verpflichtung nicht nach, in der Vergangenheit verübte Menschenrechtsverletzungen aufzuarbeiten. Die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wurden weiterhin willkürlich eingeschränkt”. Es wird zwar der Wille zur Verbesserung angekündigt, im Mai 2017 nahm die Regierung 167 der 225 Vorschläge des UN-Menschenrechtsrates an. Homosexuelle, um nur eine Gruppe zu nennen, deren Grundrechte in Indonesien stark eingeschränkt werden, haben aber immer noch Auspeitschungen zu befürchten. Der Staat betreibt außerdem homophobe Propaganda. Als Strafe wird außerdem weiterhin die Todesstrafe ausgesprochen, 2016 zum Beispiel ca. 60-mal, und diese auch vollstreckt.

Bei der Gleichstellung der Geschlechter belegt das Land im Gender Gap Report den 95. Platz und liegt damit knapp über dem Weltdurchschnitt, zum Vergleich: Tschechien hat einen höheren Platz belegt, Ungarn einen niedrigeren. Deutschland liegt auf Platz 13. Deutlich erschreckender ist allerdings die Zahl der sexuellen Gewalttaten, die Frauen in Indonesien spüren. 2016 erreichte die Zahl von Gruppenvergewaltigungen ihren Höchststand. Da viele der Opfer gesellschaftliche Stigmatisierung befürchten, müssen sie oft ihre Vergewaltiger heiraten. Die Regierung reagierte zwar mit der Verschärfung von Gesetzen, es gebe aber Mängel bei der Durchsetzung dieser, so Frauenrechtler*innen.

Ein anderes großes Problem in Indonesien ist die Korruption. Sie ist so weit verbreitet, dass bei Abschlussklausuren von Schüler*innen Polizisten beobachten mussten, dass die Lehrer*innen die Antworten nicht an die Schüler*innen verkauften. Außerdem leiden die Schüler*innen darunter, dass man oft nur einen Schulplatz bekommt, wenn man extra Geld zahlt. Besagte Schulen bekommen oft nicht die Gelder, die ihnen eigentlich zu stehe würden, da das Geld in den Behörden versickert. Die Schulen werden marode, so ist es schon vorgekommen, dass Schuldächer zusammengefallen sind und Kinder verletzt oder getötet wurden.

Wie schon erwähnt ist es ein sehr stark bevölkertes Land mit ca. 225 Millionen Einwohner*innen. Darunter leben allerdings nur 14.000 Geflüchtete. Dies könnte man zwar damit erklären, dass die Zielländer der Flüchtlinge andere sind, dass es vergleichsweise weit von Krisenherden entfernt ist und dazu noch eine Insel ist, eine Flucht zu Fuß ist also nicht möglich, so macht die Anzahl der Geflüchteten allerdings weniger als 0,01% aus. Auch für Indonesien ist die Zahl auffallend gering.

Das Land schneidet aber bei der Größe der Armee besonders gut ab. Es sind lediglich 250.000 Soldat*innen aktiv, das sind weniger als 0.2% der Bevölkerung. Im Vergleich: Die Bundeswehr hat 180.000 aktive Soldaten und in Deutschland leben ca. 83 Millionen Menschen.

Deutschland exportierte zwischen 2001 und 2016 Waffen und Panzer im Wert von 578,4 Millionen Euro nach Indonesien. Menschenrechtler*innen befürchten, dass diese Waffen im Kampf gegen ethnische Minderheiten eingesetzt werden würden. Was schließlich mit den Waffen passiert, kann die Bundesregierung kaum überprüfen.

Indonesien erfüllt nur eines der zehn Kriterien, wenn man also nach Indonesien reist, sollte man sich vorher überlegen, ob man es nicht mit einer Organisation macht, die vor Ort die Umwelt schützt oder den Einwohner*innen hilft. Die Dauer solcher Projekte liegt teilweise bereits ab zwei Wochen.  Man muss, wenn man politisch korrekt reisen möchte, also nicht auf Indonesien als Reiseland komplett verzichten. Jedoch sollte man auch vor der Teilnahme an solch einem Hilfsprojekt darauf achten, ob es dem Land und der Bevölkerung wirklich hilft, oder auf lange Sicht mehr Schaden anrichtet.

Quellen/Linksammlung:
Letzter Zugriff jeweils am 10.07.2019.

Amnesty International Deutschland e.V. (Herausgeber): „Indonesien 2017/2018“, in „amnesty Jahresbericht“, Dezember 2017.
URL: https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/indonesien

Bayona, Michelle: „Palmöl: fettiges Gold zu Lasten von Regenwald, Klima und Artenvielfalt – Indonesiens Wälder verschwinden“, in „Greenpeace Online“, 20.10.2013.
URL: https://www.greenpeace.de/themen/waelder/urwaelder/indonesiens-waelder-schwinden

Harvey, Gemima: “Indonesien: Flüchtlinge helfen Flüchtlinge”, in “Deutsche Welle”, 12.08.2018.
URL: https://www.dw.com/de/indonesien-fl%C3%BCchtlinge-helfen-fl%C3%BCchtlingen/a-45045207

Hoffman, Christine (Verantwortliche): “Deutsche Rüstungsexporte nach Indonesien”,  in “Aufschrei Waffenhändler”, Stand August 2017.
URL: http://www.aufschrei-waffenhandel.de/daten-fakten/empfaengerlaender/indonesien/

Knupfer, Gabriel: „Die neue Sexismus-Debatte in Japan“, in „Handelszeitung“, 03.07.2014.
URL: https://www.handelszeitung.ch/politik/die-neue-sexismus-debatte-japan-634861

Latschan, Thomas: „Deutlich mehr sexuelle Gewalt in Indonesien“, in „Deutsche Welle“, 26.04.2017.
URL: https://www.dw.com/de/deutlich-mehr-sexuelle-gewalt-in-indonesien/a-38596153

Schwägerl, Christian: “Kampf für Klimaschutz in Indonesien – Fluch des Wohlstands”, in “Spiegel Online”, 15.12.2009.
URL: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kampf-fuer-klimaschutz-in-indonesien-fluch-des-wohlstands-a-667124.html

Tirtasana, Ingrid: „Indonesien erstickt an Korruption“, in „Zeit Online“, 30.04.2012.
URL: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-04/Indonesien-Korruption/komplettansicht

Unbekannter Autor (AFP und dpa): „Bundesregierung genehmigt Verkauf von 164 Panzern nach Indonesien“, in „Zeit Online“, 08.05.2013.
URL: https://www.zeit.de/politik/ausland/2013-05/bundesregierung-panzer-indonesien

Unbekannter Autor: “Die Todesstrafe in Indonesien- Entwicklungen in den letzten Jahren”, in “Initiative gegen die Todesstrafe”, 26.05.2016 (Stand November 2017):
URL: http://www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de/todesstrafe-in-der-welt/indonesien.html

Unbekannter Autor (Wikipedia-ID “Christian140”): “Demokratieindex”, in “Wikipedia”, 27.02.2019.
URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratieindex

Unbekannter Autor (Wikipedia-ID “Honsfenzl”): “Streitkräfte Indonesiens”; in “Wikipedia”, 16.09.2018.
URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Streitkr%C3%A4fte_Indonesiens

World Economic Forum (Herausgeber): „The Global Gender Gap Report 2018“, in „weforum“, 2018.
URL: http://www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2018.pdf