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Buchkritik zu „Effi Briest“ (II)

Ein Beitrag von Felix Misol (Q1). Dieser Text entstand im Rahmen des Grundkurses Deutsch (Leitung: Frau Lemme).

Effi Briest ist ein Roman von Theodor Fontane, der erstmalig in sechs Folgen zwischen 1894 und 1895 in der Deutschen Rundschau erschien. Erst ein Jahr später, im Jahr 1896, wurde er als Buch abgedruckt. Der Roman lässt sich in die Epoche des poetischen Realismus einordnen und behandelt Themen wie Ehre, Ehe, Gesellschaft und das Verhältnis von Mann und Frau im 19. Jahrhundert. Mit dem Werk richtete sich Fontane an die breite Masse, also alle gesellschaftlichen Schichten, was auch erklärt, warum der Roman in einem verbreiteten Medium wie der Zeitung erschien.

Die Geschichte handelt von der 17 Jahre alten Effi von Briest, die in ihrem sehr jungen Alter mit dem 38-jährigen Baron Geert von Instetten verheiratet wird. Nach vollendeter Hochzeit reisen die beiden durch Italien und lassen sich danach in Instettens Anwesen im fiktiven Kessin nieder, einer Stadt in Hinterpommern.

Effi hat von Anfang an Probleme sich dort einzuleben und hat Angst vor dem Geist eines Chinesen, der in Kessin ein merkwürdiges Ende gefunden haben soll und nun angeblich in dem Haus sein Unwesen treibt. Instetten zeigt sich ihr gegenüber wenig verständnisvoll und so sucht die 17-jährige Trost bei Instettens Hund Rollo.

Etwa zur gleichen Zeit wird Effi schwanger und trifft vor der Geburt ihrer Tochter Anni auf Roswitha, die sie daraufhin als Kindermädchen einstellt. Kurz darauf lernt Effi den Major von Crampas, einen alten Bekannten von Instetten, kennen, der Effi als einziger Ansprechpartner im Bezug auf den „Spuk“ dient. Außerdem überredet dieser sie dazu ein Theaterstück mit dem Namen „Ein Schritt vom Wege“ einzustudieren, dessen Aufführung sehr erfolgreich verläuft.

Während eines Umweges durch einen dunklen Wald küsst Crampas sie. Das ist der Beginn einer heimlichen Affäre mit ihm.

Als sie Wochen später mit Anni und ihrem Mann nach Berlin zieht, ist die Beziehung zu Crampas vorbei und für Effi ist das eine Art Neubeginn, bei dem sie ihre Fehler hinter sich lassen kann. Doch sechs Jahre später findet Instetten, während Effi auf Kur ist, die Briefe von Crampas, wodurch der Ehebruch ans Licht kommt. Daraufhin gerät sie der Gesellschaft, ihrem Mann und ihrer Familie gegenüber in Verruf.

Effi Briest ist das wahrscheinlich populärste Werk von Theodor Fontane und erzählt die Geschichte eines Mädchens, dass an den gesellschaftlichen Konventionen des 19. Jahrhunderts zerbricht und deshalb alles verliert. Aufgrund der sozialen Verhältnisse, die sich seit damals stark verändert haben, wirkt der Roman stellenweise sehr veraltet, was dazu führen kann, dass heutige Leser Probleme haben die Kernproblematik des Romans zu erkennen. Das könnte gerade jüngere Leser*innen abschrecken bzw. beim Lesen langweilen.

Die Handlung des Romans wird jedoch glaubhaft aufgebaut, was vermutlich daran liegt, dass sich Fontane von realen Ereignissen inspirieren lassen hat. Sie mündet in eine Tragödie, mit der der Autor einige Kritik an den damaligen Werten und Normen, wie dem Prinzip der Ehre, äußert.

Außerdem schafft der Autor es, Effis Einsamkeit in Instettens Haus darzustellen, da dieses monotone Leben und die zurückhaltende Effi einen schlagartigen Kontrast zu der extrovertierten und lebensfrohen Effi, die man in den ersten Kapiteln kennenlernt, darstellt.

Fontane stellt lebhaft und schlüssig den inneren Konflikt der Protagonistin und ihre damit zusammenhängenden Probleme und Ängste dar und rückt sie ins Zentrum des Geschehens. Dies gelingt ihm durch die besondere Erzählweise, da der*die Erzähler*in allwissend ist, jedoch ohne Distanz die Gedanken und Gefühle von Effi beschreibt. Er trifft deshalb kaum Aussagen über die Gedanken der anderen Charaktere.

Die Personen sind glaubwürdig und gut beschrieben und zeigen viel Charaktertiefe. Fontane zeigt hierbei viel Einfühlungsvermögen in seine Figuren, von denen keine überflüssig oder zu präsent erscheint.

Was beim Lesen des Romans auffällt, ist die sehr bildreiche Sprache, die typisch für Fontane ist. Diese gibt beinahe jeder Aussage des Buches eine gewisse Tiefe und Bedeutung. Direkt zu Beginn finden sich Passagen wie die Schaukelszene, die die jugendliche Gelassenheit Effis verdeutlicht. Außerdem gibt es viele subtile Vorausdeutungen wie beispielsweise den Namen des Theaterstücks „Ein Schritt vom Wege“, das eindeutig Effis spätere „Fehltritte“ erahnen lässt.

Die Sprache im Allgemeinen ist zwar der damaligen Zeit und Fontanes Stil angemessen, wirkt aus heutiger Sicht jedoch veraltet, an einigen Stellen unnötig kompliziert und kann das Verständnis und den Lesefluss bei ungeübten Personen beeinträchtigen.

Fontanes bekanntestes Werk „Effi Briest“ ist ein Roman, der durch seine glaubhafte und realistische Handlung überzeugen kann. Auch die Figuren sind sehr tiefgründig und einfühlsam geschrieben und wirken nie überflüssig. Zudem fasziniert die sprachliche Gestaltung durch viele Details, Anspielungen, Metaphern und Vorausdeutungen. Problematisch sind lediglich die veralteten Konventionen, die thematisiert werden, da diese aus heutiger Sicht schwer nachzuvollziehen sind, und die komplizierte Sprache, die bei manchen Leser*innen zu Verständnisproblemen führen kann.

Meiner Meinung nach ist „Effi Briest“ ein sehr gelungener Roman, der zwar aus heutiger Sicht einige kleine Probleme aufweist, aber dennoch überzeugen kann. Aus diesen Gründen lässt sich eine Empfehlung für alle aussprechen, die eine gute Geschichte zu schätzen wissen, dabei aber nicht vor altertümlicher Sprache, speziell der Sprache von Fontane, zurückschrecken. Gleichzeitig sollte man aber auch all jenen von „Effi Briest“ abraten, die von Fontanes anderen Werken nicht überzeugt waren oder Probleme mit der, aus heutiger Sicht, komplizierten Sprache haben. Das kann vor allem sehr junge oder ungeübte Leser*innen betreffen.