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Zu Besuch im Futurium: Wie wollen wir leben?

Der folgende Artikel wurde zuvor in der 1. Ausgabe des gedruckten Fichtenblattes veröffentlicht.

Eine Reportage von Lenie (Mitglied der Redaktion).

 Ein Licht blinkt, mein Gesicht wird gescannt und auf dem Bildschirm erscheint mein Bild. Ich versuche zu lächeln und bunte Punkte und Striche werden angezeigt. 30 Sekunden später leuchtet der Bildschirm vor mir erneut auf und zeigt mir mein Wahlergebnis. Ich verlasse die besondere Wahlkabine und gehe zurück zu meiner Familie und einer fremden Frau. Ich höre die Frau, die vor mir in der großen Wahlkabine mit Vorhang war, lautstark reden. „Ausgerechnet die AFD zeigen sie bei mir an. Also wirklich, ich weiß ja nicht woran das festgelegt wird aber…“ Ich denke darüber nach. Wenn man so wählen würde, sich also vor dem Fernseher hinsetzt, lächelt und dann eine KI (Künstliche Intelligenz) über einen Gesichtsscan entscheidet wen sie für mich wählen soll, was wäre dann? Ja, es wäre bequem, aber ist das meine Meinung? Bin ich bereit, aus Bequemlichkeit meine freie Meinung zu opfern?

Das finde ich alles im Futurium, ein Zukunftsmuseum in Berlin an der Spree. Hier wird die Zukunft in Ausstellungen und an vielen, verschiedenen Stationen zum Mitmachen dargestellt. Der Eintritt ist übrigens kostenlos.

Ich sitze in der untersten Etage vor zwei Bildschirmen. Hier kann ich mit einem einfachen Malprogramm eine Landschaft malen, diese wird dann von einer KI in eine elegante Landschaftsmalerei umgewandelt. Ich schaue auf den Bildschirm über mir. Dort sehe ich, wie aus meinem Bild mit den simplen Strichen ein Kunstwerk geworden ist.

Ich bin ziemlich beeindruckt, denn dahinter steckt ein ausgeklügeltes System. Die Daten werden mit Hilfe von neuronalen Netzen von einer Information zur nächsten übersetzt. Die Programme gehen diese Daten immer wieder durch, um Muster und Eigenschaften zu erkennen. Das nennt man maschinelles Lernen. „Nicht anders funktioniert Lernen auch bei uns Menschen“, sagt Kogan, ein Mitentwickler, dazu.

Im Erdgeschoss finde ich einen Shop. Als ich mir die Sachen näher anschaue, finde ich eine coole Sanduhr. Der Sand dieser Uhr schwebt nach oben. Anfangs ist der Sand noch oben, dreht man sie, schwebt der Sand langsam von unten nach oben. Diese Uhren gibt es in verschiedenen Farben und Formen, leider sind sie ziemlich teuer, dafür dass sie so klein sind. Doch auch hier gibt es eine logische Erklärung. Der ‚Sand‘ besteht aus kleinen, bunten Kunststoffkügelchen, in diesem Fall aus Granulat, und befindet sich in einer Flüssigkeit. Dank der geringen Dichte der Kunststoffkügelchen schweben sie nach oben. Sehr genau ist diese Uhr aber nicht, da der Durchmesser der Kugeln variiert und die Umgebungstemperatur auch eine Rolle spielt. Auch die Zeit läuft hier nicht rückwärts, sondern paradox. Paradox bedeutet wider Erwarten, heißt also, dass etwas im ersten Augenblick keinen Sinn macht und man keine logische Erklärung dafür finden kann.

Eine Etage weiter oben komme ich an einem Tresen vorbei und mir wird ein Armband mit einem runden Chip in die Hand gedrückt. Mir wird erklärt, dass überall in der Ausstellung Codes zum Scannen verteilt sind. Überall sind Holztafeln mit Fragen zu verschiedenen Themen, z.B. zu erneuerbaren Energien. Es funktioniert so, dass man sich den Text durchliest und wenn man will die Frage dazu beantwortet. Diese sind aber keine Wissens-, sondern Meinungsfragen. Das Konzept wurde entwickelt, damit man sich hinterher auf der Website des Futuriums mit einem Code anmelden kann. So findet man alle Informationen, die vorher auf dem Armband gespeichert wurden, und dazu noch die Fragen und Antworten.

Ich stehe vor der ersten Tafel und finde einen interessanten Text zu Windrädern. Die Frage lautet, wie ich es finden würde, wenn man überall am Strand und sonst auch Windräder hinstellen würde. Eine Antwortmöglichkeit lautet sinngemäß ungefähr, dass ich auf keinen Fall überall Windräder am Strand haben möchte. Mit einer anderen Antwort würde ich Zustimmung zeigen, wenn es den Energiebedarf decken würde. Es gibt auch noch mehr Stationen, an einer kann ich mir sogar selbst einen nachhaltigen Schuh designen. Auch weitere Quiz und Meinungsfragen finde ich auf der großen Etage.

Das Futurium ist ein einziges großes Gebäude mit einem begehbaren Dach, einem Shop, Ausstellungen auf verschieden Etagen und einem Café. Der Direktor der Ausstellung heißt Stefan Brandt. Die Frage ,,Wie wollen wir leben?“ hat mich noch eine ganze Weile nach dem Besuch der Ausstellung beschäftigt.