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„Ich habe den Todesengel überstanden – Ein Mengele-Opfer erzählt“ (Eva Mozes Kor und Lis Rojani Buccieri)

Miriam und Eva Mozes

Eine Rezension von Carla Hegnon (Q3).

„Dreimal in der Woche gingen wir in das Hauptlager von Auschwitz zu Experimenten. Auf jede Bewegung wurde geachtet. Ich fühlte mich wie ein Tier in einem Käfig.“ (Eva Mozes Kor)

Die Konzentrationslager in Nazi-Deutschland waren Orte des Schreckens und mahnen uns und die folgenden Generationen. Ich verbinde die Ermordung mehrerer Millionen Menschen, die aufgrund einer menschenverachtenden Ideologie grausam getötet wurden, mit dem Holocaust,  Es gab auch grausame Schicksale, die in der Öffentlichkeit weniger bekannt sind. In manchen KZs wurden sogar Experimente durchgeführt. Menschen wurden krank gemacht, um angeblich „sauberes“ Erbgut zu produzieren. Meistens wurden Sinti-, Roma- und jüdische Kinder für die Experimente missbraucht und dafür in kleineren Lagern in Auschwitz untergebracht. Die jüdische Überlebende Eva Mozes Kor, die zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Miriam in Auschwitz interniert war, berichtet in ihrem Buch „Ich habe den Todesengel überlebt“ von dieser grausamen Zeit.

Sehr anschaulich erzählt Eva Mozes Kor von ihrer anfänglich unbekümmerten Kinderzeit, wie sie sich durch Verfolgungen und Bedrohungen veränderte und grausam wurde. Sie beschreibt ihre letzte Begegnung mit ihrer Familie, die nicht überlebte, bei der Ankunft im Konzentrationslager Ausschwitz. Sie berichtet vom Alltag in den Fabrikanlagen, dem Kampf ums Überleben und von den vielen Untersuchungen und Experimenten. Die meisten der etwa 3.000 internierten Zwillingskinder starben durch Injektionen von Fremdstoffen und Krankheitserregen, Bluttransfusionen und chirurgische Eingriffe ohne Narkose.

Dr. Josef Mengele leitete die Experimente in Auschwitz-Birkenau und entschied schon beim Ankommen neuer Familien durch persönliche Selektion über Leben oder Tod. Seinen medizinischen Versuchen, größtenteils an Zwillingen, fielen Zehntausende zum Opfer. Mengele gehörte bereits 1945 zu den weltweit gesuchten Kriegsverbrechern, doch seine Gräueltaten rückten erst Anfang der 1960er Jahre in das Bewusstsein der Öffentlichkeit.

Eva und Miriam verließen Auschwitz zwar lebendig, doch Miriam war schwer erkrankt und starb 1993 an den Folgen der Experimente. Die Autorin berichtet von den Jahren danach, von ihrer Auswanderung nach Israel. Doch mit den grausamen Ereignissen kann sie bis heute nicht abschließen, sodass sie mithilfe der Jugendbuchautorin Lisa Rojany Buccieri das Erlebte auf Papier brachte.

Eva Mozes Kor vermittelt ihre Lebensgeschichte ohne zu dramatisieren oder diese überspitzt darzustellen. Sie erzählt von anderen Kindern, die nicht überlebt haben, von den extrem, grausamen Versuchen an ihr und ihrer Schwester, doch das besondere ist, dass sie Mengele nicht verurteilt.

Ich denke, das Buch ist sehr wichtig für die Erinnerungskultur, da es etwas Licht in einen sonst eher weniger beleuchteten Teil des Holocausts bringt. Laut meiner Recherche gibt es zwar einige Sachbücher über die Versuche Mengeles, doch durch die geringe Überlebenschance der Opfer sind Zeitzeugenberichte selten.
Ich kann das Buch „Ich habe den Todesengel überstanden“ nur empfehlen, ob für Jugendliche oder Erwachsene, da die Zeitzeugin die Experimente und ihren Überlebenskampf authentisch erzählt, nichts wird verharmlost oder unnötig ausgeschmückt. Der Taschenroman richtet sich gegen das Vergessen und macht darauf aufmerksam, dass es auch solche Experimente an Menschen gab. Es sollte kein Ereignis, welches in den Konzentrationslagern geschah, vergessen werden.

Quellen [letzter Zugriff jeweils am 07.10.2015]:
Mozes Kor, Eva (mit Lisa Rojani Buccieri): Ich habe den Todesengel überstanden. Ein Mengele-Opfer erzählt, München 2012.
http://www.candlesholocaustmuseum.org/
https://www.dhm.de/lemo/biografie/josef-mengele
http://www.denktag.de/erinnerungen/273-2/