Allgemein, Schulleben

Sollte man gendern oder sollte man es lassen?

Sollte man gendern oder sollte man es lassen? – Eine praktische Empfehlung für die Fichtenberg-Oberschule
Eine inhaltliche Zusammenfassung der Prüfung in besonderer Form (MSA) von Johanna Langeheinicke, Paulina Lerchner und Laura Sewing (10a).

Definition:

Gendern kommt ursprünglich aus dem englischen Sprachraum und bedeutet im Allgemeinen Analyse des Geschlechter-Aspekts in Wissenschaft, Statistik und Lehre. Im Deutschen wird ,,Gendern“ meist als Überbegriff für eine geschlechtergerechte Sprache verwendet, bei der es um das Ziel der Gleichberechtigung der Geschlechter geht, wodurch die schriftliche und gesprochene Sprache verändert wird.

Arten des Genderns:

Es gibt verschiedene Arten zu gendern, jedoch sollte man sich für eine Variante entscheiden, wenn man beispielsweise einen Text schreibt.

Eine Art zu gendern ist die vollständige Paarform, bei der die weibliche Form vor der männlichen genannt wird, dies ist meistens die Regel. Eine vollständige Paarform wäre zum Beispiel „Schülerinnen und Schüler“.

Eine weitere Art zu gendern wäre die verkürzte Paarform, bei der das „und“ durch einen Schrägstrich ersetzt wird. -> „die Schülerin/ der Schüler“

In den Medien wird oft, wenn gegendert wird, das Zusammenziehen mit Binnen-I genutzt. Bei dieser Form schreibt man die weibliche Form mit einem großen „I“ und macht beim Sprechen eine Pause zwischen dem Stamm des Wortes und der Endung, also beispielsweise „Schüler-Pause-Innen“. Diese Pause wird Glottisschlag genannt (nicht verwechseln mit dem Gottesschlag)

Wenn sich die weibliche und die männliche Form nur durch ihre Endung unterscheiden kann man auch die Form des Zusammenziehens mit Schrägstrich nutzen. Beispiel: „Ein/e Schüler/in“

Bei diesen genannten Formen werden nur Männer und Frauen angesprochen, aber es gibt auch Formen, bei denen auch die Personen miteinbezogen werden, die sich mit keinem der beiden Geschlechter identifizieren können, wie beispielsweise mit Unterstrich auch Gender-gap genannt, Lücke, Doppelpunkt, Punkt und Sternchen zwischen der maskulinen Form des Wortes und der weiblichen Endung im Plural. Beispiel: „Schüler_innen, Schüler innen, Schüler:innen, Schüler.innen“

Bei der Verwendung dieser Arten zu gendern ist es wichtig anzumerken, dass dies auch für beispielsweise Sehbehinderte von Screenreadern richtig vorlesbar ist.

Die oft verwendete Variante mit Sternchen ist jedoch nicht korrekt vorlesbar, also nicht barrierefrei.

Es gibt auch noch die Möglichkeit geschlechtsneutrale Formulierungen, auch partizipiale Formen genannt, zu nutzen, wie zum Beispiel Schülerschaft, Mitglieder oder Studierende.

Argumente für das Gendern:

In den Medien wird momentan beispielsweise in der Tagesschau, in den ZDF-Nachrichten wie auch in den rbb-Nachrichten bei Radio Fritz gegendert – ein Schritt zu mehr Selbstverständlichkeit in Sachen „Gendern“ in unser Gesellschaft. Denn je häufiger öffentlich gegendert wird, desto eher wird Gendern zur Normalität. Beispielsweise die Sprecher:innen verwenden den Glottisschlag und sagen dann: „Expert – Pause – innen“.

Zudem ist geschlechtergerechte Sprache nicht nur eine nette Sache für weltoffene Menschen, sondern genau genommen bereits Bestandteil in verschiedenen Gesetzen. Denn sowohl im Grundgesetz (GG) als auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist unter anderem geregelt, dass Männer und Frauen gleichgestellt sind und keine Person aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden darf.

Seit es die dritte Geschlechtsoption „divers“ gibt, ist zudem gesetzlich verankert, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. So ist es zum Beispiel notwendig, dass Stellenanzeigen geschlechtergerecht gestaltet werden.

Des Weiteren spricht man in einer Rede oder einem Text meistens nicht nur die männlichen Personen an, sondern eben alle. Man sollte also auch hier geschlechtergerechte Sprache anwenden. Spricht man beispielsweise die Schülerschaft an, meint man natürlich, alle die an der Schule unterrichtet werden.

Seit den 1980er Jahren sind mehrere Studien veröffentlich worden, die belegen, dass sich nicht alle Menschen vom generischen Maskulinum angesprochen fühlen – ein weiteres Argument für das Gendern.

In Deutschland leben mehr als 80 Million Menschen. Mehrere in Deutschland durchgeführte Umfragen haben ergeben, dass 25 % der Bevölkerung für das Gendern sind – das wären dann ungefähr 20 Millionen Menschen! Wahrscheinlich wächst der Anteil weiter, weil der Diskurs zum Gendern immer noch relativ jung ist. Und diesen relativ großen Anteil sollte man nicht unberücksichtigt lassen.

Darüber hinaus wünschen sich die meisten Menschen Toleranz und Integration – auch dann wäre Gendern eine guter und geeigneter Weg.

Wir haben auf IServ eine Umfrage durchgeführt, um herauszufinden, welche Meinung die Schüler:innen der Fichtenberg-Oberschule rund um das Thema Gendern vertreten.

Und das Ergebnis ist so ausgefallen:

Insgesamt haben 462 von 797 Teilnehmer:innen mitgemacht, das sind 58%.

Bei der ersten Frage, ob man an unserer Schule gendern sollte, haben 80% mit Ja und 20% mit Nein gestimmt.

Bei der zweiten Frage, ob man an unserer Schule einheitlich gendern sollte, haben 70% für Ja und 30% für Nein gestimmt.

Bei der Frage, ob man gendern wichtig finde, stimmten ebenfalls 70% für Ja und 30% für Nein.

Bei der letzten Frage, nämlich ob gendern eine sinnvolle Maßnahme für die Gleichberechtigung der Geschlechter ist, stimmten 77% für Ja und 23% für Nein.

Diese Ergebnisse der Umfrage zeigen uns, dass eine Mehrheit der Schüler:innen unser Schule das Gendern wichtig ist und es auch als Maßnahme für mehr Gleichstellung der Geschlechter an der Schule umsetzen möchte.

Argumente gegen das Gendern:

Die Gegner des Genderns meinen, das generische Maskulinum reiche aus und schließe alle Menschen/Geschlechter ein.

Damit argumentierte auch der Bundesgerichtshof, welcher meinte, dass es keine Benachteiligung der Frauen gäbe, wenn die männliche Variante eines Wortes verwendet wird, denn dies sei allgemeiner Sprachgebrauch.

Auch nach den aktuellen, deutschen Rechtschreibregeln muss das grammatikalische Geschlecht – das Genus – nicht mit dem biologischen Geschlecht – dem Sexus – übereinstimmen.

Dies heißt, dass eine Gruppe von Schülern und Schülerinnen als „Schüler“ bezeichnet werden kann. Und auch eine Gruppe, die aus mehr Schülerinnen als Schülern besteht, wären „Schüler“.

Zudem könnte mit der Bezeichnung „Schüler“ ein Mädchen oder eine Frau gemeint sein. Das ist ein Generalirrtum, da kein Zusammenhang zwischen dem Genus und dem Sexus besteht.

Darüber hinaus entspricht die Verwendung von beispielsweise dem Gendersternchen nicht den Regeln deutscher Rechtschreibung und könnte somit zu Fehlern führen.

Wird in einem Text konsequent und viel gegendert, führt dies oft zu Unterbrechungen im Lesefluss. Zudem sehen viele das Gendern als kompliziert an.

Ein weiteres Argument, nicht zu gendern, ist, dass unsere Gesellschaft schon aus vielen Gründen gespalten ist und das Gendern nicht zur Zusammenführung beträgt.

Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass das Gendern schwerer verständlich ist für Menschen mit intellektuell-kognitiven oder Seh-Beeinträchtigungen.

Abschließend kann festgehalten werden, dass nur etwa 1/4 der deutschen Bürger:innen für und über die Hälfte gegen das Gendern sind.

Fazit:

Zusammenfassend kann man sagen, dass es für beide Seiten viele verständliche Argumente gibt.

Es überwiegen jedoch die Argumente dafür, da das Argument, dass sich ungefähr die Hälfte der Bevölkerung nicht durch das generische Maskulinum eingeschlossen fühlen schwerer wiegt als das Argument, dass zum Beispiel das Gendern die Sprache verkompliziert oder das Gendern nicht den deutschen Rechtschreibregeln entspricht.

Vorschlag an die Schule:

Unser Vorschlag an die Schule ist nun, dass man mit dem Doppelpunkt, bei Formalen Briefen/ E-Mails oder Reden gendert, auf Grund unserer bereits genannten Argumente und das große Interesse der Schüler:innen an unserer Schule. Wir haben uns für den Doppelpunkt entschieden, da dieser Barrierefrei ist, und es auch bei uns auf der Schule Schüler:innen mit einer Sehbeeinträchtigung gibt, die mitbedacht werden müssen.

Auch im Unterricht sehen wir es als sinnvoll an, wenn man eine gendergerechte Sprache verwendet, um auch eine gewisse Normalität in diesen Sprachgebrauch zu bringen.

Dies ist aber natürlich nur freiwillig und darf von jeder Lehrkraft frei entschieden werden.

Darüber hinaus, sollte es in schriftlichen Test/ Texten oder anderen Abnahmen bzw. Benoteten Arbeiten bei der Verwendung der geschlechtergerechten Sprache keinen Punktabzug geben.