Allgemein, Ethik & Philosophie

Ex Machina: Was bedeutet es, menschlich zu sein?

Ein anonymer Beitrag. Der Text  entstand  im Rahmen eines Grundkurses Philosophie an der Fichtenberg-Oberschule im Schuljahr 2020/21.

Der 2015 erschienene Spielfilm Ex Machina handelt von dem Menschen Caleb, von der künstlichen Intelligenz Ava und von ihrem Erfinder Nathan. Beide Menschen sterben am Ende des Filmes, wohingegen Ava das Haus freiheitlich verlässt. So stellt sich die Frage, was dies über unsere Menschlichkeit aussagt.

Eine der ersten Definitionen über den Menschen stammt von dem griechischen Dichter Sophokles in seiner Tragödie Antigone. Der Mensch wird dort als ein Ungeheurer bezeichnet. Damit bringt er zum Ausdruck, dass der Mensch nichts Abgeschlossenes ist, dass er nicht ein für alle Mal eingeordnet werden kann, sondern dass er über jede Bestimmung herausragt.

Dies wird im Film durch Nathan verkörpert, da er sich selbst als Gott ansieht. Er sieht seine Maschinen als nächste evolutionäre Stufe an, welche er als Genie erschuf. Allerdings scheitert er bei seinem Versuch, da Ava ihn nicht als Gott ansieht, sondern als Bedrohung gegenüber ihrer Selbstbestimmung, sodass sie ihn letztendlich tötet. Dies spiegelt sich auch in dem Filmtitel, da das Deus aus Deus Ex Machina fehlt. Der Gott, der wichtigste Bestandteil des Titels ist nicht vorhanden, sodass nur noch die Maschine präsent ist. Der Film verneint somit die Idee des menschlichen Fortschritts. Bereits Friedrich Nietzsche erkannte, dass der Sinn des Lebens nicht objektiv feststellbar sei. Es gelte nicht mehr irgendwohin zu gelangen, sondern jeden Augenblick zu gestalten.

Im Laufe des Films stellt sich ein zunehmender Dualismus zwischen der menschlichen und der künstlichen Existenz heraus.

Zum einen entfaltet sich dieser Kontrast anhand der Thematik des Bewusstseins. Ein zentrales Motiv des Films ist das Gemälde No. 5 von Jackson Pollock. Es wurde mit der Intention gemalt, das menschliche Unterbewusstsein darzustellen. Letzteres macht einen Großteil unseres Verhaltens aus, da unsere bewussten Handlungen laut Freud einerseits nur einen kleinen Teil unseres Geistes ausmachen und andererseits stark von unserem Unterbewusstsein beeinflusst sind. So sind Caleb und Nathan von ihren Trieben beeinflusst. Caleb indem er sich in Ava verliebt, sodass er ihre Manipulation nicht realisiert, und Nathan, indem er nur weibliche Roboter erschafft und durch seinen Alkoholismus seinen eigenen Untergang befeuert.

Ein weiterer Aspekt der Menschlichkeit ist unsere Endlichkeit. Die Tatsache, dass jeder Mensch eines Tages sterben wird, macht jeden Moment wertvoll. So sieht Nietzsche in der objektiven Sinnlosigkeit den Wert jeden Augenblickes, wohingegen Martin Heidegger im 20. Jahrhundert feststellt, dass es gerade die Begrenztheit und Endlichkeit ist, die dem Menschen einen Sinnhorizont aufzwingt. Seine Schülerin Hannah Arendt setzt dem zusätzlich das Konzept der Gebürtlichkeit entgegen. So sind die Geburt und der Tod die universalen  Fixpunkte des Menschen. Bei Ava stellt sich so gesehen die Frage, inwiefern sie ohne Endlichkeit ihrem Dasein einen Sinn geben kann.

Man erkennt, dass in Ebenen des Bewusstseins, der Endlichkeit und der Bestimmung Unterschiede zwischen dem Menschen und der künstlichen Intelligenz vorhanden sind.

Im Vergleich zu der Tierwelt ist der Mensch in der Lage gleichzeitig Subjekt und Objekt der Erkenntnis zu sein. Er ist nicht nur erkennendes, sondern auch ein handelndes Wesen, wobei er von seinen Instinkten und seiner Vernunft geleitet ist. Diese Unterscheidung lässt sich jedoch nicht wirklich auf künstliche Intelligenzen anwenden, da diese solch geistige Leistungen ebenfalls beherrschen.

Im Film sieht man, dass in der unberührtesten Natur eine hochmoderne, sterile Forschungseinrichtung steht. Letzteres steht für die Geisteswelt, welche gegenüber der Naturwelt steht. Meiner Ansicht nach ist der Mensch in der Lage beide Welten miteinander zu vereinen. Die Quintessenz all der genannten Punkte ist somit, dass der Mensch die Schnittstelle von Natur und Vernunft, Materie und Geist bildet. Er macht Fehler, er kann sterben, er hat keinen Sinn im Leben, er ist Knecht seines Unterbewusstseins und er ist kein Ebenbild Gottes und genau darin ist er menschlich.