Ein Bericht von Resa (Q3).
Buchenwald, ein Ort mit dem viel verbunden wird. NS-Terrorherrschaft, Ungerechtigkeit oder Tod, aber sicherlich nicht Ferien, Freund*innenschaft oder internationaler Austausch. Jedes Jahr kommen unzählige Menschen, um sich das ehemalige Konzentrationslager auf dem Ettersberg bei Weimar anzusehen – Tourist*innen, Schulklassen – wie aus der Fichte im letzten Januar – und Freiwillige. Freiwillige? Wie viele andere Gedenkstätten in der BRD betreibt auch Buchenwald in Kooperation mit Freiwilligenorganisationen internationale Jugendbegegnungen. Diesen Sommer waren es zwei, bei denen ca. 40 junge Menschen aus unterschiedlichen Ländern nach Buchenwald gekommen sind, um sich mehr mit der Geschichte des Ortes und der Umgebung, denn wer über Buchenwald spricht, sollte Weimar während dieser Zeit nicht vergessen, auseinanderzusetzen und bei praktischer Arbeit, die anfällt, zu helfen.
Die Geschichte von Buchenwald
Wenn man an die Kulturstadt Weimar denkt, denkt man an Goethe, Schiller, Bauhaus und vielleicht, wenn man schon mal etwas davon gehört hat, an das 10 km entfernte Buchenwald. Weimar und Buchenwald, zwei so unterschiedliche Orte, die auf den ersten Blick sehr schwer zusammenpassen. Weimar und der Ettersberg, den bereits Goethe wegen seiner Schönheit erwähnte, passen schon eher zusammen, aber nicht das Düstere, das von Buchenwald ausgeht. Die wunderschöne Kulturstadt an der Ilm und Buchenwald – diese zwei Gegensätze passen einfach nicht zusammen. Doch sobald man sich mehr mit diesen beiden so unterschiedlichen Orten befasst, wird klar, dass man sie nur zusammen nennen kann, um die Geschichte richtig wiederzugeben.
Schon vor 1933 war Weimar nationalsozialistisch gewesen und wurde gerne von Adolf Hitler besucht, der dann im Hotel Elephant gastierte und vom Balkon aus große Reden schwang. 1937 entschieden die Nazis, dass der nah gelegene Ettersberg gut geeignet war für ein Schutzhaftlager, in dem später auch Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle und ausländische Kriegsgefangene inhaftiert wurden. Das System Buchenwald wurde riesig, mit mehreren Dutzend Sub-Camps und unzähligen Insassen – fast nur Männer mit Ausnahme der Frauen, die gezwungen waren im Häftlingsbordell zu arbeiten. Arbeit, ein Wort das 13 Jahre lang, auch nach der Nazizeit über Leben und Tod entschied. Die Arbeit war hart im Steinbruch, kostete viele das Leben, genauso wie denjenigen, die in den Gustloffwerken arbeiteten, die später von den Alliierten bombardiert wurden. Nach 1945 war Buchenwald sowjetisches Speziallager, in dem viele Insassen arbeiten wollten, u.a. um der Langeweile zu entfliehen. 1950 wurde das Speziallager Nummer 2 geschlossen.
Je länger man Zeit in dem ehemaligen KZ verbringt, desto bitterer wird die Wahrheit. Der Mythos „Wir haben alle nichts gewusst!“ hielt sich lange in der öffentlichen Meinung, mitunter wird er durch die noch vorhandenen (Ur-)Großeltern und andere alte Leute, die mit ihm aufgewachsen sind, bis heute vertreten. In der Schule behandelt man diese Frage kritischer, viele wussten viel, aber erst in Buchenwald wurden mir die Ausmaße klar. Buchenwald liegt an einem Hang, vom Tal konnten die Menschen unten sehen, dass oben auch Menschen waren und dass es dort komischerweise nachts immer Licht gab. Gleichzeitig verdienten viele am KZ mit, da sie es mit Lebensmitteln und anderen Gütern belieferten. Firmen wie „Topf und Söhne“ und viele ihrer Mitarbeiter*innen, Facharbeiter*innen, die ganz normal in Buchenwald zur Arbeit gingen. SS-Offiziere, die ihre Freund*innen aus der Stadt mit hoch brachten, um ihnen den “Zoo“ zu zeigen, Häftlinge, die außerhalb des Lagers arbeiteten, die vielen Toten, die in der Anfangszeit anfielen und und und …
Freiwilligenarbeit
14 Tage gemeinsam mit einer neuen Gruppe in Buchenwald wohnen, kochen, lachen, arbeiten und lernen. Anfang August fand eine deutsch-ukrainisch-russische Begegnung in Buchenwald statt. Bis auf das Wochenende gab es jeden Tag Programm. Zu Beginn überwog der Geschichtsteil, damit sich alle Teilnehmer*innen bewusst werden konnten, für was für einen Ort sie sich entschieden hatten. Workshops, Führungen und Austausch über die anderen Teilnehmer*innen und ihre Herkunftsländer standen auf dem Programm. Man erhielt Einblicke in die Lebensrealität anderer junger Menschen, ihrer nationale Geschichte, wie sie im Unterricht selten vermittelt wird, und was im Klassenzimmer auch so gut wie unmöglich ist. Einen neuen Zugang zu Teamwork und Geschichte konnte man erleben wie sonst nirgendwo.
Die praktische Arbeit, die anfiel, wurde im Kollektiv verrichtet, egal ob es nun das tägliche Kochen oder die Arbeit zur Instandsetzung der ehemaligen Buchenwaldbahntrasse war. Steine und Holz schleppen und die Wege begehbar halten, das waren die Hauptarbeiten, die im Wald anfielen.
Arbeiten im Wald sind aber nicht die einzige Arbeit, die anfällt. Auch das Restaurieren von kleinen Gegenständen, die auf dem Gelände der Gedenkstätte gefunden wurden oder das Erstellen eines Gedenksteins für ein nach Auschwitz deportiertes Kind, sind Teil der Arbeit und die ist noch lange nicht getan. Eigentlich bräuchte es viel mehr Freiwillige, um diesen Berg an Arbeit zu bewältigen und um die Arbeit an der ehemaligen Buchenwaldbahn, die in erster Linie von ortsansässigen Freiwilligen das Jahr über erledigt wird, zu unterstützen, damit eines Tages der Gedenkweg fester Bestandteil eines jeden Gedenkstättenbesuchs ist.
Trotz der vielen Arbeit, die anfällt, kommt der Spaß und die Freizeit nicht zu kurz, mehrmalige Besuche der wunderschönen, kreativen Stadt Weimar sowie Tagesausflüge nach Erfurt oder dem einstigen KZ-Außenlager Mittelbau-Dora gehörten zu den zwei Wochen, die viel zu schnell vorbei gingen, um alles über Buchenwald zu erfahren oder gar das Ende der Arbeit zu sehen. Freund*innenschaften wurden durch die intensive Zeit geknüpft und Geschichte „erlebt“, wie es kein Klassenzimmer zulässt.
Im Großen und Ganzen war es eine sehr „schöne“ Zeit (, wenn man den Begriff bei der Thematik gebrauchen kann) und die Teilnahme würde ich jeder*m empfehlen, ob Geschichtscrack oder nicht.
Kleine Anmerkung: Die meisten Freiwilligenorganisationen, die Workcamps anbieten, wie beispielsweise SCI, nehmen Freiwillige für Projekte innerhalb Deutschlands ab 16 Jahren. International ab 18 Jahren – es müssen lediglich eine Vermittlungsgebühr sowie die Fahrtkosten selber gezahlt werden.