Allgemein, Politik, Schule ohne Rassismus

Fiktives Interview zum Thema Rechtsextremismus

Haus der Wannseekonferenz
© A.Savin, Wikimedia Commons

Das fiktive Interview wurde von Ilayda Hohmann, Noelle Olivier und Milena Venn (9c) innerhalb eines Seminars im Haus der Wannseekonferenz im Rahmen des Wahlpflichtkurses Gesellschaftswissenschaften (Klasse 9) erstellt.

Interviewer*in: Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe von WissenRadio. Heute sprechen wir mit zwei schwedischen Frauen, die ein Selbstexperiment gestartet haben. Sie bewegten sich ein Jahr lang in der rechten Szene in Deutschland. Sie berichten heute von einigen ihrer Erfahrungen. Bei uns sind Agnes Brömsted und Elli Holmsted.
Frau Brömsted beginnen wir mit ihnen, wie kamen sie auf die Idee, das Selbstexperiment durchzuführen?

Brömsted: Wir haben natürlich schon oft von Rechtsextremismus gehört. Das ist ja auch kein Einzelfall in Europa und wir wollten einfach mitfühlen, wie es ist, zu hassen, und wir hätten ja rein theoretisch auch nach Frankreich gehen können, aber wir haben früher in der Schule Deutsch gelernt und da hat es sich angeboten, es in Deutschland durchzuführen und auch mit der deutschen Geschichte war es ja ein sehr viel interessanterer Zusammenhang und wir wollten einfach wissen, wie es ist als Rechte*r zu leben und wie man sich dabei fühlt, Tag für Tag hasserfüllt zu sein und den Hass einfach zu leben und was man an einem Tag macht als Rechter.

Interviewer*in: Ich habe gehört, dass sie die Veranstaltungen der Rechten zusammen besucht haben. Berichten sie doch beide einmal über den Alltag einer*s Rechtsextremen. Frau Holmsted beginnen sie doch mal.

Holmsted: Es gab tatsächlich einen Tag, der uns sehr in Erinnerung geblieben ist. Da hatten wir das Konzert der Band „Absurd“ besucht. Es war eine Art Metal-Musik und es gab sehr verstörende Texte, zum Beispiel eine Lobhymne an die Pest. Die Stimmung da war irgendwie sehr aggressiv und alle waren total rassistisch logischerweise und es war alles sehr antisemitisch. Die Stimmung wurde immer besser, je rassistischer das Lied war und statt Applaus machten sie Kühnengrüße, was eine Abwandlung des Hitlergrußes ist oder eben auch den Hitlergruß, was ich persönlich sehr verstörend fand, weil beiden Gestiken verboten sind.

Interviewer*in: Rechtsextreme Symbole spielen eine sehr große Rolle in der Szene. Haben sie dort schon welche erkannt?

Holmsted: Ja natürlich, es gab zahlreiche Symbole. Unter anderem trugen sie Pullis mit der schwarzen Sonne darauf, das ist ein SS-Symbol und sieht aus wie eine Art Sonnenrad. Man kann darin drei Hakenkreuze erkennen. Dies ist eines der wenigen Symbole, das nicht verboten ist. Außerdem gab es Tattoos mit der Zahl 88. Das kann „SS“ oder „Heil Hitler“ bedeuten. Dann das Keltenkreuz, welches ebenfalls verboten ist und „Überlegenheit der weißen, deutsch Rasse“ bedeuten soll. Es gab auch noch zahlreiche andere Symbole, unter anderem Hakenkreuze.

Interviewer*in: Interessant, es gab also auch auffällige Kleidungsstücke und Accessoires. Nun kommen wir wieder zu Frau Brömsted, was haben sie denn so erlebt?

Brömsted: Gleich nach dem Konzert konnten wir dann mit unseren „Freunden“ zu einer Demo gegen Flüchtlinge gehen und unsere Erfahrungen noch erweitern. Die Leute dort waren sehr verärgert und echt sauer auf die Flüchtlinge und ich glaube einfach, dass sie Angst hatten. Viele Leute haben darüber geredet,  dass sie einfach Bazillen mitbringen und aus dieser Angst heraus kam sozusagen eine sehr sehr große Wut. Und jede*r hat einfach mitgeschrien, egal was für Parolen es waren. Jede*r hat einfach ohne nachzudenken geschrien und mitgebrüllt. Ich hatte das Gefühl, dass einfach die Wut raus musste.

Interviewer*in: Und gab es dort irgendwelche auffälligen Zeichen?

Brömsted: Ja, sehr auffällig war zum Beispiel ein CD-Stand, wo jede CD 14,88 gekostet hat, also eine Kombination aus den Zeichen bzw. Zahlen „14“ und „88“.  Die 88 steht ja zum Beispiel für „Heil Hitler“ oder „SS“. Außerdem hat man auch viele Pullis mit Firmennamen gesehen, in den Codewörter vorkamen. Zum Beispiel gab es die Marke „Consdaple“, in deren Namen sich „NSDAP“ findet.

Interviewer*in: Sie haben sich bestimmt auch mit den Leuten unterhalten, was für Unterhaltungen gab es denn?

 Brömsted: Das ist tatsächlich sehr lustig, dass sie das jetzt fragen, weil das ist ein Teil unseres Buches, was wir darüber geschrieben haben und wir haben uns einfach mit diesen Leuten unterhalten und die Unterhaltungen aufgezeichnet und so konnten wir dann wortgerreue Sachen in unserem Buch schreiben. Das war echt sehr interessant. Vor allem weil es meistens sehr oberflächliche und klischeehafte Unterhaltungen waren.

Interviewer*in: In zwei Worte, wie haben sie dieses Jahr erlebt in dieser rechtsextremen Szene in Deutschland.

 Holmsted: Meine zwei Worten wären auf jeden Fall „sehr verstörend“.

Interviewer*in: Und ihr Frau Brömsted?

Brömsted: Meine wären glaube ich „Hass“ und „Angst“, weil das einfach diese massiven Gefühle sind, die da aufeinander getroffen sind.

Interviewer*in: Einen umfangreicheren Einblick erhalten sie in dem Buch der zwei Reporterinnen „Ein Jahr hassen“. Dies ist ab morgen verkäuflich.