Allgemein, Schreibwettbewerb

1. Preis – A killer’s sight of life

Der Regen prasselte gleichmäßig an das Fenster. Er sah von oben auf die Menschen herab, welche sich auf der Straße mit ihren Regenschirmen durch den Wind kämpften. Menschen, die nichts von einer anderen Welt ahnten. Welche Gesetze in einer Welt galten, die sie sich nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen konnten. Drogen, Gewalt, Tod. Für die beiden letzteren war er zuständig. Seit nun mehr als zwanzig Jahren schon.

Er strich mit seinen tätowierten Fingern über seinen schwarzen Zopf. Ein paar widerspenstige Strähnen klebten dem gebürtigen Russen im Gesicht. Theoretisch hätte er auch mit dem Auto fahren können, aber das war ja noch in der Werkstatt. Einer seiner Aufträge ging auf Verteidigungskurs und beschädigte es dabei. Bis jetzt hatte er noch keine Zeit gehabt, seinen SUV wieder abzuholen. Zu viele Aufträge waren in der letzten Zeit reingekommen. Vielleicht sollte er sich wirklich mal ein zweites Auto zulegen, wie Adam gesagt hatte.

Rasputin sah lächelnd an sich herab. Viel hatte es ihm ja nicht gebracht, dem Dreckskerl, der unbedingt auf sein heißgeliebtes Auto schießen musste. Nur zwei Wochen später wurde er von Rasputin in den Himmel befördert. Dieser Tag war heute. Nur leider spritzte dabei mehr Blut als erwartet, weshalb er seine Jacke bis zum Kinn schließen musste, um sein rotgetränktes Shirt zu verstecken. Allerdings könnte er auch mit seinen Waffen vor der Nase der Businsassen rumwedeln, es würde keiner merken.

Aber das war gut so. Es ermöglichte ihm, seine Arbeit zu machen. Seine Kunden wollten eine schnelle und präzise Ausführung ihrer Aufträge. Dabei setzten die meisten auf seine Erfahrung, obwohl Rasputin zugegebenermaßen im Vergleich zu anderen aus seiner Branche nicht gerade billig war. „Wer Qualität will, muss zahlen.“ Das war sein Motto. Zahlen in jeder Hinsicht. Die meisten Kunden wussten mittlerweile, dass, wenn ein Auftrag nicht seinen Regeln entsprach, sie ihn gar nicht erst zu bestellen brauchten. Er würde ihn nicht ausführen, die Vorkasse behielt er trotzdem. Das konnte er sich schon nach fünf Jahren im Geschäft leisten. Nach weiteren fünfzehn, in denen er sich auch bei der Mafia einen Namen gemacht hatte, sowieso.

Sein Diensthandy klingelte. Einer seiner längsten Kunden wollte ihn mal wieder nach Cuba einfliegen lassen. Rasputin seufzte. „Ich habe einen Auftrag für dich. Wichtig! Ich zahle das Doppelte. Sei in einer Dreiviertelstunde am üblichen Flughafen.“, stand in der SMS. Rasputin tippte schnell: „Das Dreifache, dafür dass ich meinen Wochenplan für dich umstelle. Bin frühestens morgen bei dir, muss mich noch ausrüsten. Privat-Jet?“ Und während er auf eine Antwort wartete, blickte er summend aus dem Fenster, sich fragend, wen er wohl dieses mal jagen sollte. Hätte er doch nur vorher gewusst, was oder viel mehr wen er sich mit diesem Auftrag einhandelte.