Allgemein, Reportagen

Anästhesie – Arbeit gegen die Schmerzen

Eine Reportage von  Lilli Hecker (8b). Der Artikel entstand im Rahmen des Zeitungsprojektes der 8. Klassen.

„Das ist meine 12. Narkose heute“ sagt Dr. S. und geht in den OP. Er trägt eine blaue Hose und einen blauen Kittel, die Standardkleidung für einen Anästhesisten. „Jetzt machen wir eine Zahn-OP mit Vollnarkose, dem Patienten werden ein Teil seiner Zähne gezogen und durch Implantate ersetzt“, berichtet S., begrüßt den Patienten, der auf dem Behandlungsstuhl liegt und setzt sich den Mundschutz auf.

Mit im Raum sind Tobias, der Anästhesiepfleger, ein Operateur und drei zahnmedizinische Fachangestellte. Im OP muss immer mindestens ein Anästhesist sein und alle müssen gut zusammenarbeiten.

Dr. S. legt dem Patient eine Kanüle und schließt die Infusion an. Durch die Infusion gelangt das Narkosemittel, ein starkes Schlafmittel und ein starkes Schmerzmittel, welche das Atemzentrum lähmen, in den Körper. „Das ist schon Routine für mich.“ Zehn Sekunden später schläft der Patient tief und fest und Tobias spritzt das Muskelrelaxans, um die Muskeln zu entspannen. „Jetzt muss ich ihn beatmen, denn er kann nicht mehr selbstständig atmen“, sagt S., führt den Beatmungsschlauch durch die Nase bis in die Luftröhre und schaltet das Beatmungsgerät an.

Auf die Frage, ob es nicht eklig sei, in den Mündern fremder Menschen zu arbeiten, antwortet Dr. S.: „Am Anfang ist das schon komisch, aber man gewöhnt sich an fast alles. Es kommt dennoch immer wieder vor, dass Patienten kommen, die seit 20 Jahren keinen Zahnarzt gesehen haben. Das kann dann wahnsinnig ekelhaft sein.“ Plötzlich ertönt ein Alarm, doch Dr. S. bemerkt sofort, dass ein Klipp vom Finger abgefallen ist. Der Fingerklipp misst den Sauerstoffgehalt im Körper und ist unverzichtbar. „Die Anzeige des Klipps ist die wichtigste Überwachung innerhalb einer Narkose. Kein Patient darf einen Sauerstoffmangel erleiden, sonst kann ein Gehirnschaden entstehen und der Patient kann sterben.“

Freude am Beruf?

„Ich mache meinen Job sehr gerne, nur stört es mich, dass ich abhängig von einem Operateur bin, aber als Anästhesist bekommt man öfters eine positive Rückmeldung, was einen sehr freut.“ Vor allem im Krankenhaus gibt es häufig todkranke Menschen, denen Dr. S. die Angst vor der Narkose nehmen und ihnen helfen kann, gut durch die OP zu kommen. Er habe selbst 20 Jahre lang im Krankenhaus gearbeitet, denn es sei definitiv spannender, als in einer Praxis, weil dort richtig kranke Menschen seien. Im Krankenhaus hat er pro Jahr ca. zwei Monate Bereitschaftsdienst und sei auch oft nachts da. Manchmal arbeiten Ärzte*innen 24 Stunden am Stück und sie haben wenig Pausen. Außerdem ist ein*e in der Klinik arbeitende*r Arzt*Ärztin jedes zweite Wochenende dort und weiß nicht, wann er nach Hause kommt. „So hat man wenig Zeit für die Familie, Freunde und Hobbys“, berichtet Dr. S.

Überwachung des*der Patienten*in

„Ich kenne jedes Geräusch, das die Überwachungsgeräte machen. Weck mich um drei Uhr nachts und ich weiß, was bei dem Alarm nicht in Ordnung ist“, sagt Dr. S., als ein Alarm ertönt und füllt neues Narkosemittel in die Pumpe, die dem Patient kontinuierlich neues Narkosemittel verabreicht. Das Narkosemittel reicht in der Regel ungefähr eine Stunde, bis es nachgefüllt werden muss. Anschließend wechselt er noch die Infusionsflasche, denn diese ist auch fast leer. „Auch der Blutdruckwert wird regelmäßig gemessen“ berichtet S. als ein neuer Alarm ertönt, „man kann einstellen, wie oft er gemessen wird, in diesem Fall alle fünf Minuten.“ Den Blutdruckwert trägt S. in das Anästhesie Protokoll ein. Im Anästhesie-Protokoll werden alle Werte, sowie Zeiten der Narkose festgehalten, Zahn-OPs dauern von 20 Minuten bis zu ganzen sechs Stunden.

Am Ende der Narkose schaltet S. die Pumpe mit dem Narkosemittel aus. Sobald die Reflexe des Patienten wieder funktionieren, entfernt er den Beatmungschlauch aus der Nase. Ungefähr acht Minuten nachdem die Pumpe ausgeschaltet wurde, wacht der Patient auf.

Die Arbeit als Anästhesist ist sehr interessant, da man mit immer neuen Situationen konfrontiert wird, die bewältigt werden müssen. So wird der Job selten langweilig und man hat auch nach vielen Jahren immer noch Freude. Der Job ist abwechslungsreich, weil man sehr viel mit Menschen zu tun hat, die alle unterschiedlich sind.