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Interview mit Sounddesigner Tommi Schneefuß (Monster 1983)

Interview geführt von Özge Yildiz (Q2). Özges Empfehlung zur Serie Monster 1983 lesen Sie hier.

Was wäre ein Hörspiel ohne Sounds und Musik? Was macht ein gutes Hörspiel aus, damit es ein großer Erfolg wird? Wie entstehen eigentlich die Sounds?

In diesem Artikel werden Sie einiges über die Entstehung der Sounds der dreiteiligen Hörspielserie „Monster 1983“ – geschrieben von Ivar Leon Menger, Anette Strohmeyer und Raimon Weber – erfahren. Das Interview erfolgte mit dem großartigen Sounddesigner Tommi Schneefuß, der ein Mitglied des berühmten Hörspiellabels Lauscherlounge ist, zu dem auch Mischtonmeister Henrik Cordes gehört.

Die Umsetzungen in den Staffeln über die Musik bis hin zu den Sounds sind dem Musikproduzenten Ynie Ray und dem Sounddesigner Tommi Schneefuß super gelungen. Unterschiedliche Schritte der Personen sind klar und deutlich voneinander zu unterscheiden, was in der englischen Version nicht der Fall ist. Denn in der Übersetzung hört man nur einmal jemanden laufen und dann war‘s das. Da könnte man doch denken, dass die Personen nie laufen würden. Um auf die Entstehung der Schritte in Kombination mit der Musik einzugehen, habe ich den Sounddesigner Tommi Schneefuß befragt. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen des Interviews.

Özge Yildiz: Wie sind die Sounds – vor allem die Schritte der einzelnen Personen – in Kombination mit der Musik in der Serie „Monster 1983“ entstanden?

Tommi Schneefuß: Im Allgemeinen denke ich, hat da jeder Produzent, Sounddesigner etc. seine eigene Herangehensweise. Am Ende werden sich diese aber wohl nicht großartig voneinander unterscheiden. Bei „Monster 1983“ haben mein langjähriger Freund und Kollege Ivar Leon Menger und ich erstmal ganz grob ein Gespräch geführt, bei dem wir am Ende zwei wichtige Punkte festgehalten hatten. Wir wollten die klassischen Sounds der 80er in jedem Fall hörbar machen, allerdings auf einem aktuellen Produktionsstandard. Mit mehr sind wir eigentlich gar nicht großartig in die Voice-Recordings rein gegangen. Natürlich sind im Skript grobe Anleitungen zu Szenen vermerkt, diese behandeln wir allerdings eher als Leitfaden. Nach den Recordings der Schauspieler, meistens leider jeder einzeln, werden dann alle Rollen, bei uns mit Pro Tools so zueinander arrangiert, dass sie mit einander spielen/reden. Nachdem dann das Grundgerüst steht, habe ich begonnen, Atmosphären und Flächen wie Wind, Regen, Vögel, Meer, Autos etc. anzulegen (diese kommen großteils aus Archiven, oder wurden selbst aufgenommen). Anschließend wurden dann weitere Soundelemente wie Türen, Schüsse, Klingeln, Telefone etc. hinzugefügt. In der Regel handelt es sich immer um Kombinationen aus mehreren Geräuschen. So entsteht zum Beispiel aus drei bis sechs verschiedenen einzelnen Türen eine für den Hörer von „Monster 1983“ zu hörende Tür. Auf das somit entstandene noch immer recht grobe Hörerlebnis hat dann unser Komponist Ynie Ray mit Ivar Leon Menger begonnen, Musik zu komponieren bzw. teilweise aus rechtsfreien Portalen rauszusuchen. Bis auf ein paar Ausnahmen, kann man hier sagen: alles Musikalische, das nicht in einer Szene vorkommt, wurde eingekauft; alles, das eine Szene untermalt/unterstützt, also auch die Titelmelodie, wurde extra für „Monster 1983“ komponiert. Parallel dazu saß ich mit dem Geräuschemacher Jörg Klinkenberg im Studio und habe für die einzelnen Rollen Schritte und Kleiderbewegung sowie einige Zusatzgeräusche aufgenommen. Im dann eigentlichen finalen Schritt ging das gesamte Material in einer großen Session zu unserem Mischtonmeister Henrik Cordes, der dann alles akustisch mit Räumen, Panorama, Musik und vielen weiteren Arbeitsschritten zu „einem“ Klangerlebnis zusammengeführt hat. Allgemein gilt für alle Schritte, dass jeden Tag jemand aus dem Team sagt: „Da muss noch mehr oder weniger passieren.“ Zum Schluss wird dann von allen die Produktion abgehört und schließlich freigegeben und in diesem Fall an Audible übergeben.

Özge Yildiz: Wie lange haben Sie für die Entwicklung der Sounds gebraucht?

Tommi Schneefuß: Ganz schwer zu beantworten. Es gibt Szenen, die gehen recht schnell, gerade wenn es sich um sich wiederholende Schauplätze handelt. Wenn dann allerdings wie in Staffel 2 etwas wie die Kriegsszene in Vietnam kommt, dann kann es passieren, natürlich auch aus Spaß an der Arbeit, dass man mit zehn Minuten einen gesamten Tag verbringt. Über alle drei Staffeln kann ich es wirklich nur sagen, es war sehr lang (mindestens drei Monate), aber ich hatte viel Spaß!!!

Özge Yildiz: Welche Elemente waren im Sounddesign von Ihnen und welche aus der Collage?

Tommi Schneefuß: Naja, das ist, glaube ich, mit Frage 1 (s.o.) mehr oder weniger beantwortet. Es gab keine Collage, da ich immer, damit es nie gleich klingt, sehr viele Spuren mit verschiedenen Audiodateien kombiniere. Der Winterwind in Staffel 3 besteht aus über sechs Stereospuren, damit man an dieser Stelle immer die Möglichkeit hat, den Sound über mehrere Möglichkeiten als nur laut oder leise bzw. über Plug-Ins zu beeinflussen.

Özge Yildiz: Wie war Ihr Soundkonzept in der Serie Monster 1983?

Tommi Schneefuß: Eigentlich wollte/n ich/wir nur ein Gesamtprodukt schaffen, das nach mehr klingt und dem Hörer positiv auffällt und in Erinnerung bleibt. Ich hoffe, dass wir dem Ziel relativ nahe gekommen sind.

Özge Yildiz: Welche Vorgaben hatten Sie für das Sound Design?

Tommi Schneefuß: Gar keine. Ich habe das große Glück, in einem Team zu arbeiten, dass mir blind vertraut und meine Tätigkeit sehr schätzt. Was übrigens, egal für welche Person oder Tätigkeit, der Fall ist. Wir haben uns eigentlich alle vom ersten Tag an vertraut und uns gegenseitig motiviert und uns mit Ideen bereichert. Als wir vor drei Jahren angefangen haben, waren Ivar, Henrik, Jörg und ich bereits ein sehr gut eingespieltes Team, als Ynie dazu kam, waren wir alle mehr als begeistert, und nun wollen wir ihn auch nicht mehr missen.
Die Arbeit und die Energie, die von allen Beteiligten in die Serie gesteckt wird, zahlt sich aus und bringt ein glorreiches Ergebnis zu Tage, was die Hörer und auch mich völlig begeistert und zum Weiterhören bringt. Perfekte Umsetzung der Sounds und eine gut inszenierte Folterszene, die am Ende der zweiten Staffel gebracht wird. Da hätte man glatt denken können, dass der Sprecher wirklich auf einer Streckbank liegt und gefoltert wurde. Nein, dies war nicht so. Es hat sich nur sehr echt angehört.

[Anmerkung der Redaktion: Aus Gründen der Au­then­ti­zi­tät wurde das Interview nicht nachträglich gegendert.]