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SoR-Projekttag 2018 – Thema „Diskriminierung“ (III)

Hier findet ihr Teil 1 (Vorwort von Frau Seeboth und Bericht der 9b) und Teil 2 (Bericht des LK SW Q2) des Rückblicks.

Bericht des LK PW Q2 –  „Argumentationstraining gegen rechte Parolen“ vom  Verein „Gegen Vergessen für Demokratie e.V.“

Bereits zu Beginn des Trainings war es nötig die Erwartungen an das Folgende zu modifizieren, denn das zweiköpfige Trainer*innenteam teilte uns mit, dass es sich keineswegs nur um Strategien zum Umgang mit rechten Parolen handle, sondern generell um das Verhalten bei erlebter Diskriminierung. Natürlich schließen sich beide, der Name und der Inhalt, nicht kategorisch aus, dennoch erwartet man bei einer Spezifizierung auf rechte Parolen einen klar definierten Rahmen, der sich besonders dadurch auszeichnet, dass die typische Vorgehensweisen auf häufig auftretende Parolen explizit besprochen und analysiert werden – kurz es wird erwartet, dass mehr auf die Täter*innen eingegangen wird. Das ist bei diesem Workshop/ Training aber nicht der Fall gewesen.

Stattdessen lag die Fokussierung viel stärker auf dem selbstständigen Ausprobieren von Gesprächsstrategien, die nicht im besonderen Maße auf Interaktionen mit dem rechten Spektrum ausgerichtet waren.

Wie vermutlich jedes Training, das sich in einem vergleichbaren zeitlichen Umfang (von 8:30- 14:00) abspielen soll, starteten wir mit einem Aufwärmspiel, das noch nicht direkt mit dem Thema in Verbindung stand. Danach hingegen sollte es dann richtig losgehen, davor jedoch gab es eine, für diesen Tag wirklich sehr bezeichnende Chance zur Partizipation. Die beiden Trainer*innen wollten hören, was wir uns versprachen und was für uns wichtig wäre, um in einem Rückblick den Tag als erfolgreich bezeichnen zu können. Spaß und Freude waren ebenso Ergebnisse dieser kleinen Umfrage wie das Kennenlernen unterschiedlicher Perspektiven zum Thema Diskriminierung, d.h. Motive und Strategien aller Akteur*innen besser zu verstehen; oder der Wunsch am Ende das Gefühl zu haben, vorbereitet zu sein, sowohl argumentativ als auch darin, Menschen zu erreichen. Auch wenn dies ein Zeichen für eine offene Atmosphäre ist, in der alle ein wenig ihre Bedürfnisse äußern können, muss deutlich gemacht werden, dass das Programm natürlich feststeht bzw. feststand und nicht mehr großartig angepasst wird/wurde. Das erfuhr ich im Abgleich mit der Parallelgruppe, die denselben Trainingsplan mit identischem Inhalt hatte. Dennoch muss der Ansatz hervorgehoben werden, dass unsere Einschätzungen und Beobachtungen stets wichtiger Bestandteil des Tages waren. Damit ist für engagierte Gruppen der Weg frei für produktives Mitarbeiten und selbstständiges Erfahren. Andersherum gab es aber auch Input, der immer ergänzend vermittelt wurde. Alles fand auf sehr respektvoller und wertschätzender Ebene statt, es war immer  freundlich und es wurde wert darauf gelegt, dass Personen, die sich unwohl fühlen, jederzeit Ausstiegsmöglichkeiten haben. Auch mit Lob wurde nicht gespart.

Als wir dann also unsere Hoffnungen kundgetan hatten, kamen wir zum Inhalt. Wie bei eigentlich jedem „Themenblock“ in diesem Projekt, wurde mit einer Art Rollenspiel das Thema nahegebracht und veranschaulicht. Es ging zunächst um die Definition von Diskriminierung und dafür wurde „Wer bin ich“ zu einem Versuch, uns allen physiognomische Eigenschaften, Berufe oder demographische Zugehörigkeiten auf die Stirn zu kleben und dann auf die der anderen zu reagieren. Etwas unklar war dabei für mich, ob man sich authentisch verhalten soll oder so wie es diskriminierend wäre, wenn sich das nicht überschneidet. Ersteres wäre für mich problematisch, da alle dann nur versuchen würden, sich so offen wie möglich zu verhalten und dann das Spiel wirkungslos bliebe, da Diskriminierung so nicht erfahrbar würde. Im Anschluss an das Spiel wurde gefragt, ob wir uns denn bei unseren „Erlebnissen“ unwohl gefühlt und daraufhin auch ein anderes Verhalten gezeigt hätten.  Die Resonanz war gemischt, dennoch waren einige Rückmeldungen so, wie es in einem verkleinerten Modell logisch scheint – groß war der Effekt ob der Kürze und des Bewusstseins für den spielerischen Rahmen nicht. Aber eine bestimmte Empathie war für mich gegeben.

Wie bereits geschildert wurde gestellte Praxis mit Theorie kombiniert. In diesem Fall bedeutete dies eine Vorstellung eines dreischrittlichen Wegs zum Vorurteil, der aus einer Wahrnehmung besteht, die zur Orientierung dient und dann kategorisiert wird. Daraus erwüchsen dann Gruppenbildungen und schlussendlich die Vorurteile und Zuschreibungen, mit dem Zweck der Bewertung von Gruppen. Als besonderes Motiv dafür machten die Trainer*innen die Legitimation der eigenen Privilegien und Interessensbefriedigungen aus.

Im Anschluss wurde weitergespielt. Bei diesem „Spiel“ gab es die Möglichkeit sich zu „ja“ oder „nein“ zu stellen und damit die drei verlesenen Sätze auf ihren Diskriminierungsgehalt zu prüfen. Daraufhin ergab sich eine kleine, geplante, Diskussion darüber, was denn nun Diskriminierung sei.  Dann war es aber an der Zeit zum Projektschwerpunkt zu kommen, der dann auch wirklich wie ein Schwerpunkt bearbeitet wurde. Zum Herantasten hat eine Person mit einer Trainerin ein Gespräch geführt, in der die Trainerin klar diskriminierende Äußerungen von sich gab. Auf diese sollte dann reagiert werden. Diese ersten Versuche waren frei, dann sollte aber Systematik durch eine Strategietafel hineingebracht werden, die mögliche Strategien innerhalb des Gespräches aufzeigte.

Als Grundlage wurden wir mit drei Theorien bekannt gemacht. Das Eisbergmodell sollte uns verdeutlichen, dass hinter dem Verhalten der Menschen, Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche in dieser Reihenfolge als Triebkräfte stecken. Daraus folgte die Erkenntnis, dass das Eingehen auf den Menschen als Individuum mit seinen Eigenschaften, die „unter der Meeresoberfläche unsichtbar scheinen“, wichtig ist, da diese zu lösen viel entscheidender sein kann als das, ebenfalls relevante, Aufzeigen von logischen Fehlschlüssen. Als Methode, dieses Eisbergmodell anzuwenden, wurde uns das „aktive Zuhören“, bestehend aus den drei Komponenten nachfragen, wiedergeben, spiegeln, nahegebracht. Hiermit solle es möglich sein, den Menschen tiefgreifend zu erreichen. Als generelles Prinzip zur Verhinderung  von negativen Emotionen, die die Diskussionen hemmen könnten, wurden „Ich-Botschaften“ eingeführt. Ein Comic, der eine Diskriminierung enthielt, sollte der Gegenstand der Übung sein. Wir sollten alle Prinzipien anwenden, das Eisbergprinzip dabei auf uns als Reakteur*in und den im Comic skizzierten Ausführenden der Diskriminierung.

Zum Abschluss  wurde noch einmal gespielt. Zunächst sollten Dreiergruppen eine kurze Szene aufführen, in der eine Person durch eine der Gruppe zugeteilten Strategie versuchen sollte, gegen die Anfeindung vorzugehen. Zum Abschluss gab es dann noch ein „Busszenario“ in dem eigentlich dasselbe aber ohne Vorgabe stattfand. Zwar ist es schön, so viel geübt zu haben, dennoch finde ich den Modus des Lernens nicht unstrittig, erfordert er doch hohe Partizipationsbereitschaft. Darum sagte ich zu Beginn auch, dass engagierte Gruppen mehr profitieren würden als solche, die nicht volles Interesse zeigen oder weniger mutig sind. Für diese ist eine solche Arbeitsform vermutlich kaum hilfreich. So weiß ich nicht, ob man, falls man gar nicht mitmacht, überhaupt etwas mitnehmen kann. Außerdem muss ich ehrlich sagen, dass ich den Bezug zur Diskriminierung zwar herstellen kann, der Kurs aber auch als Konfliktlösungsworkshop gelten könnte, wenn die Beispiele modifiziert würden, womit ich beim nächsten Kritikpunkt wäre. Beispiele und, hier wiederhole ich mich, Bezüge zu Täter*innenschaft und Täter*innenstrategien wurden nicht nur vernachlässigt, sondern außen vor gelassen. Mich hat dies enttäuscht.  Aber vor allem, auch wenn sich unsere Strategietafel doch am Ende erfolgreich liest, stimmt es ein wenig unzufrieden, dass dadurch, dass alle Beispiele in den Spielen selbst erdacht werden mussten,  viel Zeit in das Erdenken von Diskriminierung floss und die Trainer*innen sich nicht darauf einstellen konnten. Aus meiner Sicht mindert das die Qualität ihrer Analyse spürbar. Dennoch ein positiver Projekttag, dessen Ergebnisse sich nun hoffentlich festsetzen.